Düsedau

Der Ortsteil Düsedau stellt sich vor:

Foto: Hansestadt Osterburg

Kirche in Düsedau

Foto: Hansestadt Osterburg

Dorfansicht von Düsedau

Foto: Hansestadt Osterburg

Dorfgemeinschaftshaus in Düsedau

Eingebettet in Felder und Wiesen liegt Düsedau - ein kleinteilig strukturiertes Dorf etwa drei Kilometer südöstlich von Osterburg am Südufer der Uchte. Wiesen und Wege zum Radeln und Reiten, ein schöner Spiel- und Rastplatz und ein Hotel versprechen Erholung. Torhaus mit Bauinschrift aus dem 19. Jhdt. Die im Kern spätromanische Dorfkirche mit ihrem bedeutenden Glockensatz, mehrere Fachwerkgebäude aus dem 18. und 19. Jhdt. mit interessanten Details und ein Erdwärmelehrpfad laden dazu ein, im Dorf auf Erkundungstour zu gehen. Seit Juli 2009 gehört Düsedau mit dem ehemaligen Ortsteil Calberwisch zur Einheitsgemeinde "Hansestadt Osterburg (Altmark)".


Düsedau im Mittelalter, die Dorfkirche

In seiner Frühphase war Düsedau der Stammsitz einer nach dem Ort benannten adligen Familie, welche allerdings bereits spätestens im 14. Jhdt. nicht mehr hier ansässig war und 1746 erloschen ist. An diese Familie erinnert noch heute das Wappen, welches sich die damals noch eigenständige Gemeinde im Jahre 2003 gegeben hat, wird doch darin u. a. eine heraldische Lilie geführt, die dem Wappen der Familie von Düsedow entlehnt ist. Bei seiner urkundlichen Ersterwähnung als „dusdowe“ im Jahre 1238 gehörte Düsedau zur Hälfte zu den Besitzungen des Grafen Siegfried von Osterburg, welche er in jenem Jahr dem Abt Gerhard von Werden und Helmstedt übertrug. Im ausgehenden 14. Jhdt. hatte die bedeutende altmärkische Familie von der Schulenburg das höchste Gericht in Düsedau inne, und spätestens im 15. Jhdt.  hatte das Stendaler Domstift umfangreichere Besitzungen bzw. Berechtigungen im Dorf, welche 1551 an die Universität Frankfurt und 1811 an die Universität Breslau übergingen. Im nordöstlichen Bereich des Dorfs liegt die Kirche von Düsedau.

Heute kündet von der mittelalterlichen Geschichte des Dorfes nur noch die im Ursprung spätromanische Feldsteinkirche, die sich auf einem wohl künstlich errichteten Hügel befindet. Der Bereich um die Kirche lässt außerdem vermuten, dass die ursprüngliche Dorfanlage möglicherweise eine andere Struktur hatte als heute. Zur Kirche gelangt man durch ein im Kern spätgotisches Friedhofstor, welches allerdings seit seiner Instandsetzung während der späten DDR-Zeit nicht mehr als solches zu erkennen ist. Durch umfangreiche Umbauten im Jahre 1869 wurde auch der Charakter der Kirche stark verändert. Damals wurden das große Stufenportal im Turm angelegt, die Nord- und Südwand des Schiffs nahezu komplett erneuert, die fensterlose Apsis angebaut und vermutlich auch der Chor auf Schiffbreite erweitert.

Die in diesem Zuge ebenfalls erneuerte Innenausstattung prägt bis heute in großen Teilen neben der Orgel (1880) aus der Werkstadt Voigt, Stendal, und einem erst 2008 aufgestellten Kruzifix den schlichten Innenraum. Einzigartig und unbedingt sehenswert ist der komplett erhaltene mittelalterliche bis frühneuzeitliche Glockensatz, darunter die älteste Glocke im Altkreis Osterburg.


Vom 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

Um 1800 lebten in Düsedau 190 Menschen. Die wirtschaftliche und soziale Struktur entsprach noch ganz den spätfeudalen Verhältnissen. So gab es neun Ganz- und drei Halbbauernhöfe, zwölf Kossatenhöfe und die für die für damalige Verhältnisse recht hohe Zahl von fünf Familien, die ihren Unterhalt als Leinweber verdienten, außerdem zwölf grundbesitzlose Haushalte, sogen. Einlieger. In der ersten Hälfte des 19. Jhdt. erfolgte dann wie in nahezu allen altmärkischen und preußischen Dörfern auch in Düsedau die Separation der zuvor noch dem Flurzwang unterworfenen bäuerlichen Ländereien und die Ablösung der feudalen Berechtigungen, die hier in erster Linie den Universitäten Frankfurt/O. bzw. Breslau zugestanden hatten. Mit diesen Reformen wurde auch der freie Grundstücksverkehr einschließlich Besitzteilungen und -vergrößerungen möglich, was wiederum im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren seit der Mitte des 19. Jhdt. zu einem Aufschwung der Landwirtschaft führte. Begleiterscheinung war aber auch eine zunehmende soziale Differenzierung.

Gleichzeitig kam es im 19. Jhdt. zu einem recht bedeutenden Bevölkerungswachstum. So erhöhte sich auch in Düsedau die Einwohnerzahl bis zur Mitte des 19. Jhdt. um 62 Prozent auf 308 (1854). In den folgenden Jahrzehnten bis etwa 1910 schwankte sie weiterhin um diesen Wert und stieg erst in den 1930er Jahren nochmals deutlich an (1936: 355). Gleichzeitig wuchs die Zahl der Wohngebäude, zwischen 1820 (27) und 1871 verdoppelte sie sich auf 55. Mit dem Bau der durch Düsedau führenden Eisenbahnstrecke Magdeburg - Wittenberge (Eröffnung 1849) erhielt das Dorf Anschluss an den überregionalen Verkehr, was einen weiteren Aufschwung begünstigte. Dennoch blieb das Dorf in der ersten Hälfte des 20. Jhdt. weiterhin überwiegend landwirtschaftlich geprägt. - Neben den sieben größeren und etwa je zwanzig mittleren und kleinen bäuerlichen Wirtschaften gab es aber auch eine Reihe von Haushalten, die ihren Lebensunterhalt als Handwerker verdienten.


Entwicklung während der Nachkriegszeit und in der DDR

Während die Auswirkungen der im Herbst 1945 eingeleiteten Bodenreform eher gering waren - in Düsedau wurde lediglich ein kleinerer Hof enteignet und daraus eine Voll- und zwei Kleinsiedlerstellen geschaffen - stellte der enorme Zustrom von Evakuierten, Kriegsflüchtlingen und Vertriebenen auch die Düsedauer vor große Herausforderungen. Hatten 1936 355 Menschen im Dorf gelebt, so waren es im Herbst 1946 519. Dies entsprach einem Anstieg um fast die Hälfte. 1950 wurde das bis dahin selbständige Dorf Calberwisch nach Düsedau eingemeindet. Die folgenden Jahre waren vor allem durch die staatlich forcierten Bestrebungen zur sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft geprägt. Bereits im November 1952 wurde die erste landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft „Wische der Zukunft“ gegründet. - Dies war bereits eine Genossenschaft vom Typ III, bei welcher neben dem Boden und Vieh auch sämtliche Gebäude und das landwirtschaftliche Inventar in den Besitz der Genossenschaft übergingen. Im Zuge des sogen. „Sozialistischen Frühlings“ wurden 1960 auch die letzten bäuerlichen Einzelwirtschaften genötigt, sich in einer Genossenschaft zusammen zu schließen - man wählte das kleinstmögliche Übel und bildete die LPG “Uchtestrand“ vom Typ I, bei welcher nur der Boden gemeinschaftlich bewirtschaftet wurde.

Die zweite Hälfte der 1960er und die erste Hälfte der 1970er Jahre standen im Zeichen der Bildung von Kooperationen in der Landwirtschaft. - Zum Januar 1972 wurden auch die inzwischen vereinten Genossenschaften „Wische der Zukunft“ Calberwisch / Düsedau und „Goldener Morgen“ Walsleben/Uchtenhagen zu einer solchen Kooperation vereint, welche nun insgesamt 2.200 Hektar bewirtschaftete. Gleichzeitig entstand eine kooperative Zusammenarbeit der LPG „Goldene Wische Düsedau“ mit den Genossenschaften „Freie Erde“ Erxleben, „Mitschurin“ Osterburg auf dem Gebiet der Schweinehaltung. Mit der weiteren Intensivierung der Kooperationen erfolgte auch die zunehmende Spezialisierung der Genossenschaften in Pflanzen- oder Tierproduktion. Die Düsedauer Genossenschaft wurde auf die Tierproduktion ausgerichtet. Als Teil der Kooperation Osterburg (6.335 ha LN) befanden sich in Düsedau schließlich Einrichtungen der LPG (T) Düsedau (drei Jungrinderställe für insges. 230 Tiere), der LPG (T) Erxleben (Sauenbesamung, Ferkel- und Läuferaufzucht) und der LPG (P) Osterburg (Abt. III mit Pflegestützpunkt und Werkstatt), die auch das Ortsbild prägten. Trotz zahlreicher Verbesserungen der Wohnverhältnisse und Infrastruktur, die nicht zuletzt mit Unterstützung der LPG erzielt wurden, konnten andere wichtige Projekte wie die Schaffung einer zentralen Trinkwasserversorgung während der gesamten DDR-Zeit nicht realisiert werden.


Düsedaus Entwicklung seit der „Wende“

Wie überall sorgten die mit der politischen Wende von 1989/90 einhergehenden ökonomischen und sozialen Umbrüche für gravierende Veränderungen im Lebensalltag vieler Familien. Der drastisch gesunkene Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft, den gewerblichen Betrieben, aber auch öffentlichen Einrichtungen der näheren und weiteren Umgebung führte anfangs zu einer hohen Arbeitslosigkeit. Dies beschleunigte die bereits in den 1970/80er Jahren begonnene negative demografische Entwicklung zusätzlich. Hatte die ehemalige Gemeinde Düsedau 1990 noch 419 Einwohner, so waren es 2015 nur noch 283. Andererseits konnte sich die aus der LPG hervor gegangene Agrargenossenschaft Düsedau am Markt behaupten und zu einem modernen Landwirtschaftsbetrieb entwickeln. Positiv auf die Entwicklung des Dorfs wirkte sich außerdem die Eröffnung eines Landhotels in den 1990er Jahren aus.


Text: Corrie Leitz (Historikerin)
Diese Ortsbeschreibung wurde mit freundlicher Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt im Rahmen des Tourismusprojektes 2015-2017 erstellt.