Schliecksdorf liegt inmitten von Wiesen und Feldern nur etwa fünf Kilometer westlich von Osterburg am Nordufer der Biese. Das kleine Dorf hat eine für unsere Gegend eher seltenere Struktur. - Es erweitert sich in der Dorfmitte zu einem Anger, in dessen Zentrum die Kirche steht. Schliecksdorf besteht fast ausschließlich aus mittleren bis größeren Bauernhöfen mit zweigeschossigen Wohngebäuden, welche teils noch schöne Fachwerkinschriften oder Inschriftentafeln aus der ersten Hälfte des 19. Jhdts. aufweisen. Als Ortsteil der ehemals selbständigen Gemeinde Rossau ist Schliecksdorf seit 2009 Teil der Einheitsgemeinde Osterburg und eines ihrer kleinsten Dörfer.
Im Mittelalter hatte Schliecksdorf Bedeutung als eine der Zollstellen an der Biese. In diesem Zusammenhang erfolgte 1287 auch die erste urkundliche Erwähnung des Dorfs als „slcikstorpe“. Möglicherweise nimmt der Ortsname auf die Lage am Fluss Bezug (sclik - Schlick?), aber auch die Ableitung von einem Personennamen ist denkbar. Das Dorf, welches bereits im Mittelalter dem Kloster Krevese gehörte, gelangte 1562 an die Herren von Bismarck, welchen das ehemalige Klostergut vom brandenburgischen Kurfürsten im Rahmen eines Tauschvertrags für ihr Gut Burgstall überlassen wurde. An das darauf zurückgehende jahrhundertelange Patronat der Familie von Bismarck auch über die Kirche von Schliecksdorf erinnert noch heute eine Inschrift auf der Glocke von 1713, welche auf Christoph Georg von Bismarck, damals „Königlich Preußischer Director und Landrat der Altmark“ als Stifter verweist.
Die Schliecksdorfer Kirche ist die jüngste unter den Dorfkirchen der Einheitsgemeinde Osterburg. Der neogotische Backsteinbau wurde 1878 anstelle der abgebrochenen Feldsteinkirche errichtet. Der Innenraum ist dadurch besonders interessant, dass seine originale Ausstattung bis heute erhalten ist. Über das schlichte Gestühl hinweg fällt der Blick auf den spitzbogigen Triumphbogen, welcher das Schiff von der polygonalen Apsis trennt, die durch hohe, farbige Glasfenster dominiert wird. Zur bauzeitlichen Ausstattung gehören außerdem die Kanzel an der Nordseite des Triumphbogens, ein hölzerner Taufständer mit Messingsschale sowie die Orgelempore mit einer Orgel aus der Stendaler Werkstatt Voigt (1888).
Um 1800 lebten in dem bereits damals recht kleinen Dorf 75 Menschen, die wirtschaftliche und soziale Struktur entsprach noch ganz den spätfeudalen Verhältnissen. So gab es sechs Bauernhöfe, einen Kossatenhof und einen Fischer, der wohl nur ein kleines Haus sein eigen nannte. Ein weiterer Haushalt wohnte zur Miete als sogen. Einlieger. In der ersten Hälfte des 19. Jhdts. erfolgte dann wie in fast allen anderen altmärkischen Dörfern auch in Schliecksdorf die Separation der zuvor noch dem Flurzwang unterworfenen bäuerlichen Ländereien und die Ablösung der feudalen Berechtigungen. Die Schliecksdorfer hatten sogar schon früher - nämlich 1818 - zusammen mit den Bauern von sieben weiteren Dörfern versucht, sich ihrer Verpflichtungen gegenüber dem Gut Krevese zu entledigen, indem sie das Gut gemeinschaftlich aufkauften. Die gemeinsame Bewirtschaftung gelang jedoch nicht und so wurde das ehemalige Rittergut weiter aufgeteilt und verkauft. Mit den preußischen Agrarreformen waren auch der freie Grundstücksverkehr einschließlich Besitzteilungen und -vergrößerungen möglich geworden. Dies führte in Zusammenspiel mit anderen Faktoren seit der Mitte des 19. Jhdts. zu einem Aufschwung der Landwirtschaft. Begleiterscheinung war aber auch eine zunehmende soziale Differenzierung. Gleichzeitig kam es im 19. Jhdt. zu einem recht bedeutenden Bevölkerungswachstum. Letzteres war in Schliecksdorf allerdings nur in eingeschränktem Maße der Fall. - Die Einwohnerzahl lag zwischen 1840 und 1871 bei 90 oder knapp darüber, sank aber in der Folgezeit wieder, um sich in den 1930er Jahren erneut bei etwa 75 einzupegeln. In der ersten Hälfte des 20. Jhdts. war der Ort etwa zur Hälfte durch Bauernhöfe mittlerer Größe geprägt (40-65 ha). Neben dem Ackerbau spielte die Viehhaltung eine bedeutende Rolle.
Wenn auch in Schliecksdorf „nur“ ein im Zweiten Weltkrieg Gefallener zu beklagen war, so bedeuteten die Kriegsfolgen und die politischen Umwälzungen der Nachkriegsjahre einen bedeutenden Einschnitt auch in der Entwicklung des kleinen Dorfes. Zunächst galt es auch in Schliecksdorf, Kriegsflüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten und dem Sudetenland unter zu bringen. Dadurch stieg die Einwohnerzahl von 75 (1936) auf 107 im Oktober 1946 und damit immerhin um fast 43 Prozent. Im Zuge der Bodenreform vom Herbst 1945 wurde auch in Schliecksdorf ein Hof enteignet - zwar lag dieser mit etwa 44 Hektar weit unter der Grenze von 100 ha, da die Besitzer aber im benachbarten Storbeck einen weiteren Hof mit knapp 59 Hektar besaßen, lagen sie insgesamt über der ausschlaggebenden Größe von 100 Hektar und zählten somit als Großbauern. Aus dem enteigneten Besitz wurden in Schliecksdorf vier Vollsiedlerstellen geschaffen.
Das folgende Jahrzehnt stand ganz im Zeichen der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft. Lange Zeit widersetzten sich die Schliecksdorfer dieser Entwicklung. Unter erheblichem politischem Duck wurde schließlich auch hier im sogen. „Sozialistischen Frühling“ des Jahres 1960 eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft mit dem Namen „Frieden“ gegründet. Mit dem Typ I wählte man das kleinstmögliche „Übel“, wurde doch bei diesem Typ nur der Boden gemeinschaftlich bewirtschaftet. Doch bereits zum 1. Januar 1964 erfolgte der Beitritt zur LPG „Ernst Thälmann“ in Groß Rossau, welcher als Typ III - Genossenschaft der gesamte landwirtschaftliche Betrieb übertragen werden musste. Neben dem Feldbau standen vor allem Rinderzucht, Milchviehhaltung und Schweineproduktion im Mittelpunkt. Nun wurden auch in Schliecksdorf alle brauchbaren größeren Gebäude für die Tierproduktion umgebaut - einige für die Schweinehaltung, andere für Bullenmast oder Milchvieh, eine Scheune wurde zu einem Stall für 600 Schafe umfunktioniert.
Zu Beginn der 1970er Jahre kamen dann der Anschluss der Rossauer und Schliecksdorfer an die LPG Pflanzenproduktion Flessau und schließlich 1973 die Bildung der Kooperation Flessau, in deren Rahmen sich die einzelnen Genossenschaften auf Pflanzen- oder Tierproduktion spezialisierten. Die nun die Flächen von 13 Dörfern (ca. 6.000 Hektar), darunter auch Rossau, bewirtschaftende LPG (P) Flessau hatte vor allem die Aufgabe, die großen Rinder- und Schweineproduktionsanlagen der Flessauer LPG Rinderproduktion bzw. ZGE Schweineproduktion Ballerstedt mit Futter zu versorgen. Der 1975 in Angriff genommene Bau eines großen Rückhaltespeichers in der Biese bei Schliecksdorf ermöglichte in den folgenden Jahren eine intensivere Bewässerung der Flächen.
Bereits 1950 hatte Schliecksdorf seinen Status als selbständige Gemeinde verloren, es gehörte seitdem zu Rossau. Die Gemeinde Rossau trat schließlich 1975 dem damals gegründeten Gemeindeverband Flessau bei. In den 1960er und 1970er Jahren wurde einiges für die Verbesserung der Infrastruktur getan, so wurde die Dorfgastsstätte zur Konsumverkaufsstelle umgebaut und mit dem Bau der Straße von Flessau nach Schliecksdorf (1976) die Verkehrsanbindung des Dorfs bedeutend verbessert. 1980 erfolgte der Anschluss an zentrale Wasserversorgung des Gemeindeverbandes Flessau.
Neben der lang ersehnten Demokratie und Freiheit brachte die politische Wende von 1989/90 für die Schliecksdorfer wie allerorts auch erhebliche Umbrüche im Alltagsleben mit sich. Der drastisch gesunkene Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft, den gewerblichen Betrieben, aber auch öffentlichen Einrichtungen der näheren und weiteren Umgebung bedeutete anfangs auch für das Dorf eine hohe Arbeitslosigkeit. Dies beschleunigte die negative demografische Entwicklung zusätzlich. Hatten Rossau und Schliecksdorf zusammen i. J. 1990 477 Einwohner, so waren es 2015 nur noch 356. Die liebevoll sanierten historischen Höfe zeugen jedoch davon, dass die Schliecksdorfer auch heute gern in ihrem kleinen Dorf leben.
Text: Corrie Leitz (Historikerin)
Diese Ortsbeschreibung wurde mit freundlicher Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt im Rahmen des Tourismusprojektes 2015-2017 erstellt.
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